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Bewertungen bei Google, Jameda & Co. - Löschungsanspruch oder dulden müssen?


Es gibt kaum besseres Marketing für Unternehmen, Ärzte, Anwälte oder Handwerker als Empfehlungen und positive Bewertungen auf Bewertungsportalen im Internet, wie Jameda für Ärzte, MyHammer für Handwerker oder die Sterne-Bewertung bei Google Maps. Ärgerlich, wenn dann doch eine negative Bewertung dabei ist und den Bewertungsschnitt nach unten zieht.

Die Frage, mit der sich Gerichte seit Jahren beschäftigen ist, ob man negative Bewertungen dulden muss oder ob man dagegen einen Anspruch auf Löschung oder Korrektur geltend machen kann und welche Anforderungen an die Prüfungspflicht der Bewertungsportale zu stellen sind.

Dazu zunächst zu einem aktuellen Urteil des Landgerichts Augsburg aus dem August 2017 zur Sternchen-Bewertung bei Google Maps.

Keine Löschung von Sternchen-Bewertung bei Google Maps (LG Augsburg Urteil v. 17.08.2017 - Az.: 022 O 560/17).

Ein Zahnarzt aus Augsburg erhielt eine Bewertung von nur einem Stern von fünf möglichen bei Google Maps. Die Bewertung enthielt keine Begründung. Der Zahnarzt meinte, er kenne weder den Namen noch war diese Person Patient bei ihm gewesen. Daher sei die Bewertung ohne tatsächliche Grundlage erfolgt und eine unwahre Tatsachenbehauptung. Der Zahnarzt verklagte Google auf Unterlassung, d.h. praktisch auf Löschung dieser Bewertung.

Das Landgericht lehnte die Klage ab! Der Zahnarzt habe keinen Anspruch gegenüber Google auf Löschung/Unterlassung der Sternchen-Bewertung.

Der Zahnarzt sei nicht in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Vielmehr stellt die Sternchen-Bewertung eine zulässige Meinungsäußerung dar. Mit der Vergabe von nur einem Stern bringt der Nutzer seine subjektive und individuelle Bewertung über die Klinik des Zahnarztes zum Ausdruck. Dazu muss er nicht auch Patient der Klinik gewesen sein, denn eine Meinung kann man natürlich über alles und jeden haben. Es reicht, wenn man in irgendeiner Weise in Kontakt mit der Klinik gekommen sei. Im Übrigen ist in einer Sternchen-Bewertung keine Tatsachenbehauptung zu finden, da es keine Begründung für den einen Stern gibt. Somit liegt auch keine falsche Tatsachenbehauptung vor.

Das Gericht war auch der Meinung, wer sich im Internet bewerten lasse, muss auch mit negativer Kritik rechnen. Solange die Grenze der Beleidigung bzw. Schmähkritik nicht überschritten ist, habe man negative Meinungen zu dulden. Damit hat der Zahnarzt keinen Löschungsanspruch gegenüber Google.

Fazit:

Wer sich in die Bewertung begibt, muss mit negativer Bewertung rechnen und damit leben. Gibt es keine Begründung für die Sternchenvergabe, ist nur schwer etwas dagegen zu unternehmen. Eventuell liegt aber ein Verstoß gegen die Richtlinien von Google vor, da nur eigene Erfahrungsberichte eingestellt werden dürfen. Dies wurde hier aber nicht vorgetragen.

Leider sind diese negativen Bewertungen ohne Begründung gar nicht so selten. Vermutlich sind auch einige Nutzer dabei, die sich als Google Local Guide registriert haben und munter drauf los bewerten, um einen höheren Status als Guide zu erreichen.

Enthält die Bewertung eine Begründung, ist dagegen das Bewertungsportal unter Umständen verpflichtet, den Wahrheitsgehalt der Bewertung zu überprüfen. Hier hat der Bundesgerichtshof im Jahre 2016 eine wegweisende Entscheidung erlassen in Bezug auf das Ärzte-Bewertungsportal Jameda und dessen Überprüfungspflichten.

Jameda muss den Wahrheitsgehalt der Bewertung in bestimmten Grenzen überprüfen, wenn ein Betroffener den Wahrheitsgehalt der Bewertung bestreitet. (BGH VI ZR 34/15 – Urteil vom 1. März 2016)

Der Kläger ist Zahnarzt. Die Beklagte betreibt unter der Internetadresse www.jameda.de ein Portal zur Arztsuche und -bewertung.

Gegenstand der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist die Bewertung des Zahnarztes durch einen anonymen Nutzer, er könne den Zahnarzt nicht empfehlen. Als Gesamtnote war 4,8 genannt. Sie setzte sich aus den in den genannten Kategorien vergebenen Einzelnoten zusammen, darunter jeweils der Note "6" für "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis". Der Zahnarzt bestreitet, dass er den Bewertenden behandelt hat.

Der Zahnarzt forderte Jameda zunächst zur Entfernung der Bewertung auf. Jameda sandte die Beanstandung dem Nutzer zu. Die Antwort des Nutzers hierauf leitete Jameda an den Zahnarzt unter Hinweis auf datenschutzrechtliche Bedenken nicht weiter. Die Bewertung beließ Jameda im Portal.

Daraufhin verklagte der Zahnarzt Jameda auf Unterlassung, sprich Entfernung der Bewertung. Nachdem schließlich das Oberlandesgericht Jameda Recht gegeben hatte, kam die Sache zur Revision vor den BGH. Dieser wiederum hob das Urteil des Oberlandesgerichtes auf und verwies an das Oberlandesgericht zur erneuten Prüfung zurück. Zur Begründung führte der BGH aus:

Die beanstandete Bewertung ist keine eigene "Behauptung" von Jameda, weil diese sie sich inhaltlich nicht zu eigen gemacht hat. Jameda haftet für die vom Nutzer ihres Portals abgegebene Bewertung deshalb nur dann, wenn sie zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat. Deren Umfang richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der beanstandeten Rechtsverletzung, den Erkenntnismöglichkeiten des Providers sowie der Funktion des vom Provider betriebenen Dienstes zu. Hierbei darf einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert.

Nach dem BGH habe Jameda Prüfpflichten verletzt. Der Betrieb eines Bewertungsportals trägt im Vergleich zu anderen Portalen von vornherein ein gesteigertes Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen in sich. Diese Gefahr wird durch die Möglichkeit, Bewertungen anonym oder pseudonym abzugeben, verstärkt. Zudem erschweren es derart verdeckt abgegebene Bewertungen dem betroffenen Arzt, gegen den Bewertenden direkt vorzugehen. Vor diesem Hintergrund hätte die beklagte Portalbetreiberin die Beanstandung des betroffenen Arztes dem Bewertenden übersenden und ihn dazu anhalten müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben. Darüber hinaus hätte sie den Bewertenden auffordern müssen, ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien, möglichst umfassend vorzulegen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 49/16 vom 1.3.2016 des Bundesgerichtshofes

Fazit:

Betreiber von Bewertungsportalen haben keine Pflicht von vornherein Bewertungen zu überprüfen. Sollte allerdings ein Betroffener rügen, dass die Bewertung nicht der Wahrheit entspräche oder er keinen Kontakt zu der Person, die die Bewertung abgegeben hatte, dann soll nach dem BGH das Portal verpflichtet sein, den Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Im Umkehrschluss heißt dies, dass negative Tatsachenbehauptungen, die der Wahrheit entsprechen, hinzunehmen sind.

Rechtsanwalt Knuth Folger berät in Berlin Mitte den Thema Bewertungen im Internet.

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